Guter Journalismus ist ein wichtiger Teil der Abwehrkette gegen die Gefahren für unsere Demokratie
NRW-Zeitungsverlage und Digitalpublisher treffen sich zu ihrer Jahrestagung in Solingen auf Einladung der B.Boll Mediengruppe (u.a. Solinger Tageblatt, Remscheider General-Anzeiger).
NRW-Innenminister Herbert Reul spricht vor Vertreterinnen und Vertretern der Branche.
Verbandsvorsitzender Christian DuMont Schütte fordert die Absenkung der Mehrwertsteuer für Presseerzeugnisse, Verzicht auf neue Werbeverbote und faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber öffentlich-rechtlichem Rundfunk und den großen Gatekeepern.
Christian DuMont Schütte zum Vorsitzenden wiedergewählt.
NRW-Innenminister Herbert Reul, Foto: Solinger Tageblatt / Christian Beier
NRW-Innenminister Herbert Reul hat auf der Jahreshauptversammlung des Digitalpublisher und Zeitungsverleger Verbandes NRW die besondere Schutzrolle der Presse für die Demokratie gewürdigt. Vor rund 40 Branchenvertreterinnen und -vertretern sagte Reul: „Guter Journalismus ist ein wichtiger Teil der Abwehrkette gegen die Gefahren für unsere Demokratie.“ Niemand kann komplizierte Zusammenhänge so gut erklären, sie übersetzen, Politikern auf die Finger gucken, inhaltsleere Floskeln entlarven, wie die Presse. Deswegen lesen viele Menschen digitale und gedruckte Angebote der Tageszeitung in NRW. „Ich bin froh dass es Journalismus, dass es die Zeitung gibt“, sagte der Innenminister. Reul sprach sich für eine gesellschaftliche Debatte für den Erhalt der der unabhängigen Presse aus: „Es ist an der Zeit, wir müssen da etwas tun!“
Der Vorsitzende des DZV.NRW, Christian DuMont Schütte, unterstrich ebenfalls die Bedeutung der freien Presse für die demokratische Gesellschaft in Zeiten zunehmender Verunsicherung und gesellschaftlicher Spaltung: „Als Tageszeitungsverleger ist es unsere wichtigste Aufgabe, Menschen mit fundiertem Journalismus zuverlässig, unabhängig und alle Seiten beleuchtend zu informieren. Zeitung verbindet und schafft Vertrauen und leistet damit einen Beitrag zur Stärkung der gesellschaftlichen Immunabwehr gegen zerstörerische Kräfte von innen und außen. Nie war das in 75 Jahren Verfassungsgeschichte so wichtig wie heute.“
DuMont Schütte appellierte an die Politik, die Rahmenbedingungen zum Schutz einer freien, unabhängigen und starken Presse zu verbessern.
„Zeitungsverlage brauchen ein staatliches Belastungsmoratorium und einen Entlastungbooster“, so der Verbandsvorsitzende. Ein wichtiger Schritt wäre die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes: „In einigen EU-Ländern gilt ein geringerer bzw. ein Null-Prozent-Mehrwertsteuersatz auf Presseerzeugnisse, warum nicht in Deutschland? Auf freie Meinungsäußerung und Meinungsbildung darf es keine Steuer geben. Dafür ist die Aufgabe, die die Presse für unsere freiheitlich demokratische Gesellschaft wahrnimmt, zu wichtig!“ betonte DuMont Schütte.
Der Staat muss diese Aufgabe schützen, so DuMont Schütte weiter. Dazu gehört auch, Rücksicht auf
die finanziellen Grundlagen der Presse zu nehmen. Stattdessen werden die Zeitungsverlage aktuell mit
erheblich wachsenden finanziellen Belastungen konfrontiert – nicht zuletzt aufgrund staatlicher
Entscheidungen. Zudem drohen Werbeverbote, wie u.a. das vom Bundesernährungsministerium
geplante weiterreichende Verbot von Lebensmittel-Werbung. „Das schwächt die Verlage, gerade in
einer Zeit, in der wir hohe Investitionen in die Zukunft der digitalen Tageszeitung und damit in den
Erhalt der freien Presse leisten,“ so DuMont Schütte.
Der DZV.NRW-Vorsitzende forderte zudem faire Wettbewerbsbedingungen für Verlage gegenüber
den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und den großen Gatekeeper-Plattformen: Die
Bundesländer sind gefordert, ARD und ZDF im Medienstaatsvertrag klare Begrenzungen zum
Textangebot vorzugeben. Aktuelle Studien zeigen, dass die beitragsfinanzierten, textlastigen Angebote
die vielfältigen digitalen Angebote der Verlage schädigen und den Medienwettbewerb verzerren. „Wir
appellieren an die Bundesländer, im aktuell laufenden Reformprozess auch das
Presseähnlichkeitsverbot zu schärfen!“
DuMont Schütte ermutigte die Politik, die Macht der großen digitalen Gatekeeper wie Google, Apple
und Meta entschlossen zu begrenzen, faire Zugangsbedingungen und einen regelkonformen Umgang
mit Daten sicherzustellen, eine Vergütung für die digitale Nutzung von Presseinhalten festzusetzen
sowie dafür zu sorgen, dass diese Vergütung auch durchsetzbar und kontrollierbar ist. Die
Schutzmaßnahmen der EU, wie der Digital Markets- oder der AI-Act, sind ein erster wichtiger Schritt,
aber angesichts der zunehmenden Macht der Plattformen – insbesondere durch den Einsatz von
Künstlicher Intelligenz – bei weitem nicht ausreichend.
Der Verband tagte in diesem Jahr im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen, wo aktuell noch bis
zum 8. September 2024 die Ausstellung „Keine Freiheit ohne Pressefreiheit“ anlässlich des 30-
jährigen Bestehens der deutschen Sektion von „Reporter ohne Grenzen“ gezeigt wird. Christian
DuMont Schütte würdigte im Rahmen der Tagung die wichtige Arbeit der Organisation zum Schutz der
Pressefreiheit weltweit.
Vorstandswahlen
Die Mitglieder bestätigten auf ihrer Jahrestagung den bisherigen Verbandsvorstand in seinem Amt. An
dessen Spitze steht auch in den kommenden zwei Jahren als Vorsitzender Christian DuMont Schütte
(DuMont Mediengruppe), der dieses Amt seit 2014 bekleidet. Als stellvertretender Vorsitzende
wiedergewählt wurden Lambert Lensing-Wolff (Ruhr Nachrichten), Dirk Holterdorf (Die Glocke)
sowie Johannes Werle (Rheinische Post Mediengruppe).